Haushaltsrede im Stadtrat
Unsere Ratsfrau Sandra hat ein fulminante Haushaltsrede im Stadtrat gehalten, die wir niemandem vorenthalten möchten.
Viel Spaß beim Lesen :)
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Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleg:innen
liebe Pressevertreter:innen
sehr geehrte Damen und Herren,
Zuerst vielen Dank an die Verwaltung für die Arbeit an den Haushaltsplanentwurf und für die Beantwortung unserer Fragen.
Nun ist es endlich so weit. Seitdem ich mich für die Kommunalpolitik interessiere - egal ob ehrenamtlich oder beruflich - hieß es immer nur: Der Haushalt ist die Königsdisziplin der Kommunalpolitik. Dort wird entschieden, welche Ziele die Stadt im nächsten Jahr verfolgt, in welche Richtung sich die Stadt entwickeln soll.
Entsprechend gespannt war ich dieses Mal, wie es ist, bei dem Prozess nicht nur im Hintergrund zu unterstützen, sondern selbst die Aktive zu sein. Eine positive Erfahrung war, dass die Verwaltung jederzeit ansprechbar für Fragen war.
So erfuhr ich auch, dass ein Vergleich der einzelnen Posten mit den Ausgaben aus dem vorherigen Jahren nicht möglich sei, da eine neue Software eingeführt wurde. Ein nachvollziehbarer Grund, der jedoch nichts daran ändert, dass so - vor allem für mich als neues Mitglied im Rat - Veränderungen im Haushalt kaum nachvollziehbar waren. Es hätte mich schon interessiert, ob - und wenn ja, welche - Investitionen eingefroren oder verschoben wurden - um andere Ausgaben, wie zum Beispiel die knapp 450.000 Euro für Sofortmaßnahmen für das Mühlenmuseum, zu finanzieren.
Nachdem der interaktive Haushalt online gestellt wurde, waren dann doch noch ein paar Einblicke in den Grundaufbau des Haushaltsplanes möglich. Und diese Einblicke waren für mich dann doch teilweise überraschend.
Während Veranstaltungen für alle Gifhorner:innen, wie das Sommernachtskino erst 2024 wieder stattfinden soll, sind jährlich über 7.000 Euro für den Gifhorn Tag (Nijmegen Marsch) vorgesehen. Und für die Schützenvereine werden jährlich fast 60.000 Euro in die Hand genommen. Ja, ich weiß, im Gegensatz zu anderen Städten in der Region, die deutlich weniger für das Schützenfest im Haushalt bereitstellen, ist die Stadt Gifhorn nicht nur Unterstützer sondern gleich Ausrichter des Gifhorner Schützenfestes. Doch das macht es für mich nicht nachvollziehbarer, dass so viel Geld für eine Veranstaltung ausgegeben wird, die außerhalb der Schützenvereine kaum Interesse erzeugt.
Dass durch die “traditionelle” Trennung von Männer- und Damenzügen und die ledigliche Akzeptanz von Frauen bei einzelnen Veranstaltungen als “Begleitung” patriarchalische Netzwerke gefestigt und die “gläserne Decke” für Frauen weiter zementiert wird, ist ein Thema, das ich in diesem Kontext nur kurz zu bedenken geben möchte.
Natürlich habe ich diese Punkte auch bereits im Ausschuss angesprochen. Dabei wurde argumentiert, Gifhorn sei vielfältig und dementsprechend solle das Angebot sein. Ein Argument, dem ich gern zustimmen würde, wenn es denn auch so wäre. Doch es zeichnete sich leider ein ganz anderes Bild ab.
Das Queeres Netzwerk Gifhorn soll von den beantragten 15.000 Euro Unterstützung lediglich 5.000 Euro erhalten und für das Mehrgenerationenhaus im Georgshof soll es von den beantragten 10.000 Euro lediglich die Hälfte geben. Und das mit dem Argument, dass es schon immer so gewesen sei.
Wer Gifhorn wirklich als die vielfältige Stadt betrachtet, die sie ist, muss bereit sein, nicht unter dem Schutzmantel der “Tradition” auf das ewig Gestrige zu beharren. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel, Minderheiten erarbeiten sich ihre berechtigten Positionen, gesellschaftliche Blickwinkel werden verschoben. Und in diesem Prozess müssen wir als Mandatsträger:innen bereit sein, die neuen Akteure gleichberechtigt zu behandeln und die leider knappen Mittel gerecht unter allen zu verteilen.
Statt eines mutigen Haushaltes mit modernen, progressiven Projekten finden wir ein “das war schon immer so”. Und damit werden die Ansprüche der modernen Gesellschaft schon lange nicht mehr erfüllt und das wird unserem offenen und vielfältigen Gifhorn auch nicht gerecht. Deshalb werden wir von Die FRAKTION. von DIE LINKE und Die PARTEI im Stadtrat den Haushalt auch ablehnen. Denn wie ich zu Beginn sagte, zeigt der Haushalt, in welche Richtung sich eine Stadt entwickelt und dieser Haushalt zeigt nur eines: Stillstand
Vielen Dank